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Eigentlich geht es gar nicht um Vielfalt


Innige Umarmung - © Elisabeth-Sandmann-Verlag München


"Trotz des großen Risikos wollten sie mit diesen Fotos ihren Gefühlen füreinander ein Denkmal setzen", berichten die Sammler Hugh Nini und Neal Treadwell. Sie haben in ihrem Bilderband 350 Aufnahmen von mutigen Männer-Paaren aus Europa, USA und Asien zusammengetragen, die den Mut hatten, ihre Liebe zu zeigen.

Eine neue Sicherheit wäre es, wenn durch den Mut der geächteten Menschen eine Welt entsteht, in der niemand mehr diskriminiert wird und Minderheiten akzeptiert, solche Bilder als Normalität gesehen werden.


Es geht nicht darum, um jeden Preis bunt zu sein

Kulturwandel heißt auch Wertewandel. Veränderungen triggern Ängste, deswegen brauchen wir Menschen mit einer ausgebildeten Ich-Stärke.

Einerseits sehe ich die Schwierigkeit, wenn man mit einem bestimmten Konzept aufgewachsen ist und die Verbindungen nicht verlieren möchte, die mit so vielen Emotionen einhergehen. Ich denke daran, wie es für mich gewesen wäre, wenn mein Papa mir sagt, dass er lieber eine Frau wäre. Natürlich triggert dies zunächst, denn ich fürchte den Verlust meines Vaters. Das hängt auch mit der Art und Weise zusammen wie Gesellschaft binäre Konzepte lebt. Wäre ich genderaufgeklärt aufgewachsen, würden sich meine Ängste wohl nicht so sehr an das verlieren des männlichen Konzeptes hängen.

Ein Ausweg ist Aufklärung von klein auf an. Ein Weg bei dem nicht auf Geschlecht und Binäres fokussiert wird, sondern auf die Liebe, Hilfsbereitschaft, den Humor und andere Charakteristika, die das Menschsein, jene Farben der Seele zeigen, die uns innerlich ausmachen und ansonsten hinter dem Konzept Mann und Frau verschwinden.

Die Frage ist wie wir unsere Identität strukturieren und die Frage ist, ob wir den Fokus auf Diversity legen und den Begriff als Wundermittel oder Bedrohung sehen, oder ob wir den Begriff und das Konzept dahinter als Möglichkeit verstehen, frei zu sein, sich selbst und andere anzunehmen.

Ein Freund schrieb mir kürzlich, er hätte endlich verstanden worum es mir geht; es ginge nicht um Vielfalt, es ginge eigentlich um Annahme und wie verschiedene Menschen zusammenfinden. Genau!

Es geht nicht darum, um jeden Preis bunt zu sein, aufzufallen oder sich abzuheben, es geht darum nichts unterdrücken zu müssen, andere zu akzeptieren und sich gegenseitig zu sehen.


„Nur wer den Menschen liebt wird ihn verstehen, wer ihn verachtet, ihn nicht einmal sehen“

Christian Morgensterns Worte begleiten mich seit dem ersten KulTour-Projekt. Das Sehen, ist für mich ein Werkzeug um zu Verstehen und das Ziel dahinter Hass abzubauen und Liebe zu stärken. Als Sozialunternehmer entwickle ich deswegen auch Produkte, die nicht abhängig machen oder Selbstzweifel schüren (Makeup, Beautyfilter, etc.), sondern die Gemeinschaft stärken und dazu auffordern sich gegenseitig zu öffnen und miteinander zu beschäftigen (ZB ein psychologisch und pädagogisch durchdachtes Kartenspiel, Kuschelwesen, Hör-/Bilderbuch, etc.).

Jetzt nach der Buchveröffentlichung haben mich viele gefragt „Ist das nicht toll ein eigenes Buch in den Händen zu halten?“ Ja und Nein. Seit dem Verlust von Mama war ich immer auf der Suche nach Liebe und eine Kompensation dafür war Anerkennung (wohl ein Grund warum einige mir vorwarfen anzugeben, wenn ich diese bekam und in die Öffentlichkeit trug, dabei fühlte ich mich immer nur so geliebt). Mit dem Älterwerden habe ich gemerkt; ein Buch, eine Firma, ein Image, Geld, etc., dass alles ist nicht wichtig und darauf kommt es nicht an. Es macht Dinge einfacher. Was ich wirklich schön finde, ist qualitativ hochwertige Beziehungen aufzubauen. Zu hören was andere im Buch sehen, wie sie sich selbst damit ausdrücken und es ihnen etwas gibt. Natürlich steigert das ganz egoistisch auch mein Selbstwertgefühl, weil ich merke, etwas bewegen zu können, etwas Wertvolles zu vermitteln. Irgendwie geht es uns allen doch um Selbstwert, darum angenommen und geliebt zu werden. Ich merke, wie sich solche Aussagen wiederholen, wie viele andere Autor*innen, Unternehmer*innen, etc. immer wieder so etwas schreiben und fühlen. Manchmal erwische ich mich sogar dabei, wie ich denke „Ach die Message schon wieder“. Wie selbstgerecht und intolerant. Ich erinnere mich dabei an eine Freundin, die mal ganz neidisch auf das Auto eines Freundes war, mit dem wir eine Lesung vorbereitet haben. Das konnte ich so gar nicht nachvollziehen. Wieso freut man sich nicht einfach mit?


Es geht immer um Selbstwert, aber eigentlich um Gemeinschaft

Aber mal an die eigene Nase fassen. Ich habe Situationen erlebt, in denen ich in einer Art Wettbewerb stand und dann ebenso eine Art Neid spürte, auf die Kontrahent*innen, die mir vermeintlich meinen Platz oder meinen Selbstwert strittig machten. Wieso? Jeder Mensch ist einzigartig und hat eine ganz eigene Geschichte, wir sollten uns gegenseitig als Bereicherung sehen und nicht Angst haben weniger geliebt zu werden. Ich erinnere mich an eine Freundin, die beim Tanzen im Freundeskreis mehr in den Spiegel schaute als in die Gesichter der anderen Personen. Da fand ich mich auch wieder, diese Art der Selbstreflexion, um sich selbst zu perfektionieren und dabei doch die Verbindung zu den anderen fehlt. So etwas passiert oft auf der Bühne des echten und künstlerischen Lebens. Ich entsinne mich; am Anfang meiner Schauspielkarriere habe ich oft im Spiegel meine Ausdrücke geprüft und geübt. Jetzt schaue ich die Menschen an, direkt und es gibt keine Maske, es gibt echte Begegnung und Theater ist Instrument, um diese zu erzeugen, das Einander-Sehen entstehen zu lassen. Es ist die Art und Weise wie wir Kunst und Kultur betreiben, die Art wie wir Produkte entwickeln und wie wir diese in die Gesellschaft tragen, die wirkliche Liebe und Begegnung schafft. Weg von Kompensationen, anstrengender Selbstperfektionierung oder „Masken“, hin zum Miteinander, zum echten Interesse sich gegenseitig zu sehen und so nach und nach das Netz der Welt zu begreifen, dass uns alle miteinander verbindet und in dem wir alle eine Verantwortung für ein gutes Leben tragen.


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